Stabile Systeme
Das autonome System ist während der Zeit seiner
Existenz labil, d.h. seine Fließgeschwindigkeit ist nicht konstant,
sondern verringert sich kontinuierlich. Das wird durch seine Rekursivität
bedingt. Das nur negative feedback bewirkt, dass die Fließgeschwindigkeit
nicht linear, sondern
exponentiell abnimmt, wodurch sich die Existenzzeit des Systems
verlängert. Der kontinuierliche Abfall der Fließgeschwindigkeit kann durch
die Entwicklung von funktionellen Komponenten, die das System steuern,
verhindert werden. Diese Komponenten machen das System stabil.
Während der Existenzzeit des autonomen Systems ist
die Fließgeschwindigkeit des Systems zu jedem Zeitpunkt von der der Pumpe
zugeführten Energie abhängig und ist dieser proportional. Zu jedem
Zeitpunkt ti gilt also
(1) V = k • Q
wobei V die Fließgeschwindigkeit, Q die aus dem
Reservoir aufgenommene
Wärmemenge und k ein vom Design bestimmter Proportionalitätsfaktor ist.
Die Fließgeschwindigkeit erreicht den Wert 0, wenn keine Wärme mehr
übertragen wird und so auch Q den Wert 0 ereicht.
Die Komponente, welche die fortlaufende Verringerung der
Fließgeschwindigkeit aufhalten soll, müsste also die Fließgeschwindigkeit
mit abnehmender Energiezufuhr nicht proportional verringern, sondern
umgekehrt proportional erhöhen. Für das durch diese Komponente bewirkte
Systemverhalten müsste also gelten:
(2) V = k • 1/Q
Das kann durch eine Komponente mit geeignetem Design
erreicht werden. An der thermischen Schnittstelle werden
beide Systeme durch eine Steuerkomponente miteinander verbunden. Im Energiekanal wird
ein Ventil angebracht, das mit einen Zeiger im Kanal für das energiearme
Substrat verbunden ist (Abbildung 3). Dieses Design gewährleistet, dass
bei hoher Fließgeschwindigkeit und damit hoher Wärmezufuhr das Ventil im
Energiekanal geschlossen wird (Abbildung 3 Mitte).
Je mehr energiearmes Substrat fließt, desto kleiner wird die
Durchflussöffnung des Ventils und desto niedriger wird die
Durchflussgeschwindigkeit für die Energie zum Antrieb der Pumpe. Die Pumpe
arbeitet langsamer, so dass weniger Substrat transportiert wird. Dadurch
verringert sich wieder die Fließgeschwindigkeit.
Hohe Wärmezufuhr der sinngebenden Komponente bremst also die
Leistung der Pumpe und verringert so die Fließgeschwindigkeit und
umgekehrt (Abbildung 3 unten).
Das Design des Systems bestimmt auch, wie viel Zeit
von einem Steuerereignis der Schnittstelle über die von ihm ausgelösten
Veränderung der Fließgeschwindigkeit bis zum folgenden (entgegengesetzten)
Steuerereignis vergeht. Diese Zeit ist die Taktzeit. Die Folge der
entgegengesetzten Steuerereignisse führt dazu dass die
Fließgeschwin-digkeit zu schwingen beginnt. Diese Schwingungen
werden grafisch als Sinuskurve dargestellt. Die Parameter dieser
Schwingung (Amplitude, Frequenz) werden durch das Design bestimmt.
Die Schwingung wird also durch die Eigenschaften des
autonomen Systems bestimmt, sie hängt nicht von der Umwelt ab, sondern erfolgt autonom.
Im isolierten System erfolgt sie erfolgt solange, bis die
Energieressourcen verbraucht sind. Bei konstanter Versorgung der
Reservoirs mit thermischer Energie kann das System zeitlich unbegrenzt
existieren.
Die erreichte systemerhaltende Fließgeschwindigkeit
ist also Resultat des Zusammenwirkens aller funktionellen Komponenten des
Systems, ist ihr „Erfolg“. Dieses "Verhalten" eines autonomen
Systems nenne seine "Aktionen". Die Aktionen ist auf den Erfolg
gerichtet.
Aktionen sind von Reaktionen auf äußere Einwirkungen zu unterscheiden, wie
sie bei nicht- autonomen Systemen anzutreffen sind. Bei diesen ist die
Prozessgeschwindigkeit des Fließgleichgewichts nicht vom System, sondern
von der Intensität der äußeren Einwirkung abhängig, der Prozess selbst hat
keinen Einfluss auf seine eigene Geschwindigkeit.
Die Steuerkomponente verbindet das
hydrodynamische mit dem thermischen System und erfüllt damit die Funktion
einer Schnittstelle zwischen zwei eigenständigen Teilsystemen. Es wird
jedoch weder Substrat noch Energie übertragen. Die Leistung der
Steuerkomponente ist von anderer Art. Ihre Beschreibung erfordert eine
neue Terminologie, die von Informationstheorie,
Kommunikationswissenschaften usw. bearbeitet und entwickelt werden.
Hier soll nur beispielhaft angedeutet werden, wie deren Grundkategorien
aus dem Konstrukt des stabilen autonomen Systems abgeleitet werden können.
Das erfolgt auch nur soweit, wie das zum Verständnis der nachfolgenden
Texte erforderlich ist.
Durch das Design des Gesamtsystem ist die ständige Rückkopplung des
Substratkreises mit dem thermischen Kreis gewährleistet. Die beschriebene
Einordnung der Steuerkomponente in das Gesamtsystem führt dazu, dass das
System geregelt wird. Zur Organisation der Rückkopplung sind keine
gesonderten Komponenten erforderlich, sie erfolgt ja durch das System
selbst. Die Steuerkomponente besteht bisher aus zwei Gliedern, die in
diesem Zusammenhang als Teile eines (noch unvollständigen) Regelkreises
angesehen werden können, als "Stellglied" und als "Regler" (Abbildung 3).
Indem die sinngebende Komponente durch den Regler das Ventil
des Energiekanals stellt, übermittelt es diesem ein Kommando. Das
ist eine Nachricht über den Erfolg einer Aktion des Gesamtsystems.
Das Maß des Erfolgs der Aktion ist die Information, die mit
der Nachricht übermittelt wird. Dieses Maß wird nach der Gleichung (2) in
das Kommando umgerechnet.
Die Affinität der Gleichung (2) zu der bekannten Shannon´schen
Informationsformel (3) liegt auf der Hand. Die Funktion der
Steuerkomponente besteht also darin, auch die Information zu erzeugen, mit
der das Ventil gesteuert wird.
Die Steuerkomponente überträgt die Information nicht , sondern erzeugt
sie, bringt sie hervor. Von Übertragung könnte man sprechen, wenn sie vor
dem Akt bereits vorhanden wäre (wie Substanz oder Energie). Das ist aber
nicht der Fall. Die Kategorie der Nachricht ist eine genuin
systemtheoretische Kategorie. Sie bezeichnet ein bestimmtes Verhältnis
zweier Komponenten eines stabilen autonomen Systems. Dieses Verhältnis ist
die Kommunikation.