Nichts ist in unseren
Sinnen, was nicht zuvor in unserem Verstand war.
Die Entstehung der Sprache
Übersicht
Grundlage für die Entstehung der menschlichen Sprache
ist die menschliche Kultur, die per definitionem eine
außerindividuelle Entität ist. Deshalb gehe ich zunächst der Frage nach,
worin das Spezifikum der menschlichen Kultur besteht.
Heute wird unter
↑„Kultur“ die Gesamtheit dessen verstanden,
was der Mensch in seiner Tätigkeit geschaffen hat. Die so verstandene
Kultur wird der Natur gegenüber gestellt, die die Gesamtheit
dessen umfasst, was ohne menschliches Zutun existiert. Die Besonderheit
dieser Gegenstände der Kultur wird sofort sichtbar, wenn man vergleicht,
wie Menschen und Tiere mit diesen umgehen. Menschen fragen zuerst danach,
wozu dieser Gegenstand da ist, d.h. welche gesellschaftliche
Bedeutung er hat. Ein Tier dagegen interessiert zuerst, ob der
Gegenstand essbar ist. Die Frage ist also, wie Gegenstände zu einer
gesellschaftlichen Bedeutung kommen. Für die Beantwortung dieser Frage
sind die Kategorien
↑„Vergegenständlichung“ und „Aneignung“
von grundlegender Bedeutung. Sie werden also zuerst dargestellt.
Vergegenständlichung und Aneignung
Die menschliche Kultur existiert in Form der Kulturgegenstände, die
gegenständlichen Träger menschlicher Wesenskräfte. Werkzeuge und andere
Gebrauchsgegenstände der materiellen Kultur werden nicht
vorrangig als Träger menschlicher Wesenskräfte hergestellt, sondern zu
jeweils speziellen Zwecken, die der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse
dienen. Wenn der Zweck erfüllt ist und der Gegenstand ausgedient hat,
bleibt der Gegenstand immer noch die Vergegenständlichung menschlicher
Wesenskräfte. Sie werden weder verbraucht noch nutzen sie sich ab. Diese
Funktion bleibt bestehen und tritt hervor, wenn die Gegenstand
beispielsweise ihren Ort in einem Museum gefunden haben. Dort dienen sie
nicht mehr ihrer ursprünglichen Funktion, sondern sind als reine
Kulturgegenstände gegenständliche Träger menschlicher Wesenskräfte.
Die Resultate menschlicher Tätigkeit werden durch Kulturgegenstände
↑„vergegenständlicht“.
Die Weitergabe von Kultur erfolgt durch die „Aneignung“
dieser Gegenstände der Kultur. Diese Termini unserer Umgangssprache werden
auch bei der weiteren Darstellung häufig verwendet. Das sie in der
Umgangssprache und in den verschiedenen Wissenschaften mit
unterschiedlicher Bedeutung verwendet werden, bedürfen sie für ihre
weitere Verwendung in dieser Darstellung einer genaueren Präzisierung. (Mehr>>)
Das Werden der Kultur
Die Umwandlung gegenständlicher Träger psychischer Entitäten in
Gegenstände einer Kultur ist in dem individualistischen Erklärungsschema,
das der Psychologie als Individualwissenschaft zugrunde liegt nicht
darstellbar. Die Beschreibung von Kultur erfordert das Soziale als
Erklärungsprinzip.
Soziale Beziehungen haben bereits bei den vormenschlichen Hominiden eine
lange Evolution durchlaufen und einen hohen Entwicklungsstand erreicht.
Die heutigen Menschenaffen haben eine Reihe psychischer und sozialer
Eigenschaften entwickelt, die der Herausbildung von Kultur vorausgesetzt
sind und als „vorkulturell“ angesehen werden können. (Mehr>>)
Die
Erfindung der Zeichen
Die Herausbildung der kulturellen Funktion
der Werkzeuge ist eine notwendige Voraussetzung für die Erfindung
der Zeichen. Wenn Werkzeuge aus dauerhaftem Material (z.B. Knochen, Stein)
mit einem gewissen Aufwand zugerichtet worden sind, können sie nicht nur
ad hoc für eine Tätigkeit verwendet werden, sondern werden auch für
andere Tätigkeiten aufbewahrt und mehrfach verwendet.
Neben ihrem eigentlichen technologischen Zweck dienen sie auch der Planung
der gemeinsamen Tätigkeit.*
Auf dieser vorsprachlichen Entwicklungsstufe
der Entwicklung des Menschen baut der nun mögliche nächste Schritt der
Entwicklung auf. Er besteht in der Erzeugung einer neuen Klasse von
Werkzeugen, deren eigentlicher Zweck die Planung und Organisation
der Arbeit ist. Diese spezifischen Werkzeuge sind die
Zeichen. Damit ist die Zeichenfunktion nicht mehr eine Funktion
eines Werkzeugs neben anderen, sondern ist die dominierende Funktion eines
spezifischen Werkzeugs geworden, eben des Zeichens. So wird die
Unterscheidung Zwischen Werkzeug und Zeichen auch gegenständlich, die
Termini „Werkzeug“ und „Zeichen“ bezeichnen unterschiedliche Gegenstände.(Mehr>>)
Die
Entdeckung der Laute
Da wir heute ausschließlich mit sprachlichen Zeichen
operieren, werden die Fähigkeiten der Erzeugung ideeller Objekte nur der
Verwendung der sprachlichen Zeichen zugeschrieben. Wie gezeigt wurde, ist
Sprache für das Erzeugen von einfachen ideellen Objekten und das Operieren
mit diesen nicht erforderlich. Fähigkeiten dieser Art sind nicht Ergebnis
der Entwicklung der Sprache, sondern ihre Voraussetzung.
Die Entwicklung zunächst der Lautsprache und dann der Schrift ermöglichten
die Herausbildung weiterer operativer, kommunikativer, intellektueller und
anderer Leistungen und Fähigkeiten der Menschen.
In der Linguistik und Semiotik werden Zeichen nur als sprachliche Zeichen
betrachtet und die Zeichen der Lautsprache und der Schriftsprache werden
weitgehend als gleichartig betrachtet. (Mehr>>)
Die Erfindung der Schrift
Auf der Grundlage der Lautsprache entwickelte sich schließlich die
Schriftsprache. Die ältesten bekannten Aufzeichnungen sind die bildhaften
Felszeichnungen, die in allen länger besiedelten Gegenden gefunden wurden.
Nach Keilschrift und Hieroglyphen entstand schließlich die
Alphabetschrift, die heute weltweit verbreitet ist und die auch den
Buchdruck und die virtuelle Schrift des Computers ermöglicht hat.
Alle diese Formen der geschriebenen Sprache ermöglichten Erweiterungen der
Funktionen der Lautsprache und die Entwicklung neuer Funktionen von Denken
und Kommunikation. (In Vorbereitung)