Terminologie der Information
Die grundlegenden Begriffe der
Informationstheorie sind im Sender- Empfänger- Modell angesiedelt. Sender
erzeugt eine Nachricht, in der Informationen verschlüsselt sind. Der
Empfänger empfängt die Nachricht und entschlüsselt die Information. Mit
diesem Sender- Empfänger- Modell ist der Begriff des informationell
autonomen Subjekts nicht vereinbar.
Man könnte das Sender – Empfänger- Modell auch als
das „Standardmodell“ der traditionellen Informationstheorie bezeichnen.
Der Diese Denkfigur korrespondiert widerspruchsfrei mit dem
Kausalitätsparadigma der Physik, ja es ist geradezu dessen 1zu1 Projektion
in die Informationstheorie. Die Nachricht entspricht der Ursache, der
Empfang der Wirkung. In der Biologie findet sich diese Denkfigur als das
Reiz- Reaktion- Modell des Verhaltens wieder. Deshalb kann die
Mainstreambiologie die Lebewesen auch nicht als autonome Subjekte
begreifen.
Die gesellschaftliche Erkenntnis verfügt zwar über einen logischen und
terminologischen Apparat verfügt, mit dem auch die Prozesse der Steuerung
der
→Tätigkeit dargestellt werden können. Dieser Apparat wurde jedoch für
das Sender – Empfänger – Modell entwickelt, nicht aber für die
Beschreibung der Tätigkeit als Selbsterhaltung des Subjekts. In diesem
Standardmodell wird die Information als objektive Eigenschaft von Objekten
und Ereignissen aufgefasst, die von der Informationstheorie erkannt werden
können. Subjekttheoretisch kann Information aber nur als subjektive
Leistung der Subjekte verstanden werden. Es muss also ein Zugang zur
Informationstheorie entwickelt werden, der die Information als autonome
Leistung des Subjekts verstehen und damit auch die
informationelle Autonomie des Subjekts denken lässt.
Betrachten wir diesen logischen und terminologischen Apparat näher.
In den allgemein verbreiteten Verwendungsweisen von
Wörtern wie „Steuerung“, „Information“ oder „System“ wird, wie es in den
Naturwissenschaften üblich ist, von menschlichen Bedürfnissen, Zielen und
Absichten abstrahiert. Bei der Analyse des Systembegriffs (
) wurde
gezeigt, dass diese Abstraktion zu logischen Widersprüchen führt und
Merkmale wie die Ganzheitlichkeit des Systems oder seine Funktionalität
nicht abbilden kann. Der Begriff des Systems muss als relativer Begriff
gefasst werden, um eine Konstellation in Bezug auf menschliche
Bedürfnisse, Ziele und Absichten abbilden zu können. Die relative
Definition des Systembegriffs ermöglicht auch einen neuen Zugang zu den
Begriffen der Information und Steuerung, der im folgenden Exkurs skizziert
wird.
Der erste umfassende Entwurf einer Theorie der Steuerung wurde bekanntlich
von N. Wiener (1948) vorgelegt.Im gleichen Jahr erschien C. Shannons
Arbeit „A Mathematical Theory of Communication“, in der die Grundlagen der
Informationstheorie entwickelt wurden. Obgleich es nicht mein Anliegen
ist, Probleme der Steuerungs- und Informationstheorie zu bearbeiten, so
ist die folgende Reflektion notwendig, um ein Selbstverständnis darüber zu
entwickeln, wie ich die informationstheoretischen und kybernetischen
Termini verwenden will.
Eine Subjekttheorie, deren Gegenstand als physisch existierend aufgefasst
wird, baut auf der Grundlage einer selbsterhaltenden thermodynamischen
Konstellation auf (>>). Die Begriffe von Steuerung und Information müssen
also auch einen thermodynamisch interpretierten Inhalt haben. Dieser soll
nachfolgend erörtert werden.
Im Erkenntnissystem der traditionellen Theorie der
Steuerung ist Steuerung das Einwirken eines Subjekts auf ein
→System,
das in unserer Konstruktion ein thermodynamisches System ist.
Jedes thermodynamische System erbringt eine Leistung, die Bedürfnisse des
menschlichen Subjekts befriedigt. Diese Leistung ist in der Regel nicht
von sich aus konstant oder entspricht nicht kontinuierlich den
Bedürfnissen. Deshalb muss sie gesteuert (
)werden.
Die Steuerung ist darauf gerichtet, die Leistung des Systems mit den
Bedürfnissen in Übereinstimmung zu bringen.
Dieses Ziel wird durch die Besonderheit der Steueroperationen
gewährleistet, die darin besteht, dass sie auf die Veränderung der
Parameter des Designs eines Systems gerichtet sind. (
) Das
→Design des Systems wird durch die Steueroperationen so verändert, das die
durch das Design bestimmten stofflich-energetischen Parameter des Systems
die Befriedigung des Bedürfnisses der Tätigkeit gewährleisten.
Im hydrodynamischen Modell bedient das Subjekt ein
Wehr (
), der den Querschnitt des Kanals verändert und damit über die
Fließgeschwindigkeit die Leistung seinem Bedürfnis anpasst.
Indem das Subjekt auf die Steuerkomponente einwirkt, hat es zwar einen
stofflich-energetischen Output, das System erfährt jedoch keinen
stofflich-energetischen Input wie bei der Reparatur (
).
Die vom Subjekt aufgewendete Energie oder Substanz geht nicht in die
stofflich-energetische Leistung des gesteuerten Systems ein. Sie „geht
verloren“, das heißt sie wird als Abwärme oder Abprodukt an die Umgebung
abgegeben.
Diesen Sachverhalt kann man gut mit der Terminologie
der Informations- und Nachrichtentheorie beschreiben. Die Steueroperation
wird in als „Nachricht“ abgebildet. Das Subjekt der
Tätigkeit ist der Sender der Nachricht, das System ihr
Empfänger. Die Umwandlung der stofflich-energetischen Parameter
der Operation in Designparameter ist das, was in der Nachrichtentheorie
als „Codierung“ oder „Verschlüsselung“
bezeichnet wird. Parameter der Steueroperation sind u.a. ihre Richtung,
Intensität, Geschwindigkeit usw. Diese werden in der Nachrichtentheorie
als „Signal“ und in der Informationstheorie als
→Zeichen„“
abgebildet.
Die Steuerung ermöglicht zu jedem Zeitpunkt einen optimalen Erfolg
der Tätigkeit. Aus dem Verhältnis von aktuellem Erfolg und Ziel
der Tätigkeit (ihrem angestrebten Erfolg) bestimmt (berechnet) das Subjekt
die Werte für die Parameter der Steueroperation. Sie können auch von einem
neutralen Beobachter vorhergesagt werden, wenn diesem das Ziel bekannt
ist. Subjektivität ist also nicht identisch mit Indeterminiertheit.
Die Kategorie der Tätigkeit ist der allgemeine
Rahmen, in dem jede Operation stattfindet. Die Funktionalität jeder
einzelnen Operation hängt von ihrer Stellung innerhalb der Tätigkeit ab.
Jede Operation wird von einer Operation ausgelöst und löst – bis zur
finalen - zugleich eine andere Operation aus. Ihre Stellung innerhalb der
Tätigkeit bestimmt den
→Sinn jeder Operation. Durch Einordnung der
Operation in eine bestimmte Tätigkeit oder Handlung erhält die Operation
ihren Sinn. Als Teil der Tätigkeit leistet jede Operation auch
einen Beitrag zur Selbsterhaltung des Subjekts. Das ist ihre
→Bedeutung. Aus ihrer Einordnung in die Tätigkeit des Subjekts
erhalten die Steueroperationen also Sinn und Bedeutung.
Das gilt nun auch für Steueroperationen. Auch
Steueroperationen haben Sinn und Bedeutung. Werden
Steueroperationen nun in den Termini der Theorie der Steuerung als
„Nachricht“ beschrieben, kann auch den Nachrichten – anders als in der
traditionellen Informationstheorie - Sinn und Bedeutung zugeschrieben
werden. Der Sinn einer Nachricht ist ihr Beitrag zum Erfolg einer
Tätigkeit, ihre Bedeutung ist ihr Beitrag zur Erhaltung des Subjekts der
Tätigkeit.
Das ist aber nur möglich, wenn Information in das subjekttheoretische
Erklärungsprinzip der Tätigkeit eingeordnet wird. Außerhalb dieses
Erklärungsprinzips kann Information weder Sinn noch Bedeutung erhalten.
Dadurch unterscheidet sich der subjekttheoretische
Begriff der Nachricht von ihrem informationstheoretischen Begriff. In den
Termini der Informationstheorie und der Nachrichtentheorie wird von der
Beziehung der Steuerung zur Tätigkeit von Subjekten und deren Bedürfnissen
abstrahiert. Damit verschwinden aber auch Sinn und Bedeutung aus der
Nachricht.
Die spezifische physikalische Leistung einer
Nachricht ist die Veränderung von Parametern des Designs des Systems.
Dabei geht es um diejenigen Parameter des Systems, die durch das Design
und seine Veränderungen beeinflusst werden. Im hydrodynamischen Modell
wäre das der durch die Stellung des Schiebers veränderte Querschnitt des
Kanals, der die Fließgeschwindigkeit als Designkomponente bestimmt.
Die stofflich-energetischen Parameter der
Steueroperationen (der Nachrichtenträger) wie die aufgewendete Energie
sind nicht von Belang, von ihnen kann bei der informationstheoretischen
Beschreibung der Steueroperation abstrahiert werden, denn sie werden
letztlich als Abwärme abgegeben. Sie sind keine Determinanten der
Steuerung und können daher auch nicht zu ihrer Beschreibung benutzt
werden, auch wenn sie das Mittel sind, durch welche die Steuerung
realisiert wird. Steueroperationen richten sich immer auf das Design.
Offensichtlich ist die Bezeichnung dieser auf die
Veränderung des Designs bezogenen Parameter der Steueroperation als „informationelle“
Parameter mit der in der Informationstheorie üblichen Verwendung dieses
Begriffs der Information verträglich. Durch
Steueroperationen weist das Subjekt den Designparametern eines von ihm
genutzten Systems physikalische Werte zu, welche die Befriedigung seines
Bedürfnisses gewährleisten. Der Wert dieser physikalischen Parameter hat
seinen Ursprung in den Bedürfnissen Subjekts.
Da für ein physisches Subjekt auch das Bedürfnis
durch einen physikalischen Parameter gemessen werden kann (
), hat auch
das Bedürfnis eine physikalische Dimension, die aus dem Begriff eines
psychischen oder geistigen Subjekts nicht abgeleitet werden kann. So
bleibt das psychische oder geistige Subjekt außerhalb des
Naturwissenschaften Verständnisses. Auf diesem Weg kann die Trennung
zwischen Natur- und Geisteswissenschaften nicht überwunden werden. Es
lässt sich aber umgekehrt zeigen, dass der Begriff des physischen Subjekts
es ermöglicht, die Begriffe des psychischen und geistigen Subjekts logisch
konsistent abzuleiten (Litsche 2004).
Im Wert des physikalischen Parameters der
Steueroperationen W ist also keine Information vorhanden, sie ergibt sich
erst aus dem Bezug dieser Werte zu den Bedürfnissen B des steuernden
Subjekts. Die Information I ist also ein zweistelliger Begriff, nämlich
die Relation R
(1)
I = R (B, W),
Wenn vom Bedürfnis abstrahiert und B auf 0 gesetzt
wird, reduziert sich I auf den physikalischen Parameter W und die
Information geht verloren. Das ist der Fall, den die traditionelle
Informationstheorie bearbeitet, in der die Information weder Sinn noch
Bedeutung haben.
Die Information einer Nachricht ist also die Beziehung des physikalischen
Betrags der Steueroperation zu den Bedürfnissen des Subjekts. Information
ist keine „objektive“ Eigenschaft dieser Parameter, sondern wird ihnen vom
Subjekt zugewiesen. Die physischen Parameter sind die Träger der
Information. Die Information gibt an, in welchem Maße diese
Steueroperation zur Befriedigung des Bedürfnisses des steuernden Subjekts
beiträgt.
Die Steueroperation
steht in Beziehung zu zwei Parametern, welche die Werte der
Steueroperation und damit die Information I bestimmen.
● Das Subjekt der Tätigkeit liefert der
Steueroperation den Betrag B1, der die
Befriedigung des Bedürfnisses gewährleist. Er ist die Bedeutung der
Operation.
● Die Organisation der Tätigkeit als Ganzes liefert der Steueroperation
den Betrag B2,
der das Zusammenwirken aller Operationen der Tätigkeit
gewährleistet. Er ist der Sinn
der Operation.
(1)
I = W1 + W2
Da das Subjekt in diesem Konstrukt eine physikalische
Entität ist, sind auch die Eigenschaften des Subjekts physikalische
Eigenschaften. Sinn und Bedeutung von Steueroperationen können so auch
durch ein physikalisches Maß charakterisiert werden, ohne dadurch ihre
Subjektivität zu verlieren.
Diese beiden Komponenten der Information werden auch in den verschiedenen
wissenschaftlichen Disziplinen von Informationstheorie und
Nachrichtentheorie unterschieden.
Der Betrag W2 wird von der Nachrichtentheorie und der Informationstheorie
bearbeitet. Diese Wissenschaften abstrahieren von der Tätigkeit und ihrem
Subjekt und betrachten die Parameter nur als Parameter der Medien der
Information. Die Gültigkeit ihre Begriffe und Sätze wird daher hier nicht
berührt. Die in der traditionellen Informationstheorie offene Frage nach
der Herkunft der Information hat jedoch eine Antwort erhalten.
Die vom Subjekt der Tätigkeit bestimmte Bedeutung der Nachricht W1 wird in
informationstheoretischen Arbeiten gewöhnlich als „semantische
Information“ bezeichnet, die von Nachrichtentheorie und
Informationstheorie nicht bearbeitet wird. Der Wert von W1 wird so auf 0
gesetzt, so dass Information auf den Betrag von B2 reduziert wird. Dadurch
wird der Information aber sowohl ihre Bedeutung als auch ihr Sinn
genommen.
Der traditionelle
Begriff der Steuerung ist transitiv angelegt, er erfordert die Angabe
einer Entität, die gesteuert wird. Die Steuerung der Tätigkeit ist die
Komponente der Tätigkeit, die
etwas steuert. Dazu muss das Subjekt Informationen aus der Umgebung
aufnehmen und verarbeiten. In diesem Kontext kann Steuerung nicht als
Selbststeuerung verstanden werden, dazu muss sie reflexiv aufgefasst
werden.
Die Tätigkeit wird nur als steuernd, nicht als gesteuert abgebildet. Die
Selbststeuerung der Tätigkeit durch das Subjekt kann aus dem
traditionellen Begriff der Steuerung auch nicht widerspruchsfrei
abgeleitet werden, weil dieser das Vorhandensein von Information in der
Umgebung voraussetzt. Der Begriff der Selbststeuerung der Tätigkeit
erfordert den Begriff des autonomen Subjekts, das nicht durch die Umgebung
gesteuert werden kann. Information muss also als Kategorie innerhalb der
Autonomie verstanden werden. Mit einem solchen Begriff der Information
kann dagegen erklärt werden, wie die Information in die Umwelt gelangt
(Litsche 2004).
Im Folgenden soll nun gezeigt werden, wie das Subjekt
die Information erzeugt, mit der es nicht ein System außer ihm, sondern
seine eigne Tätigkeit steuert.
Der Terminus „Steuerung“ wurde schon früher benutzt, nämlich bei der
Beschreibung der Selbsterhaltung des Subjekts, das nicht schon notwendig
eine Beziehung zu seiner Umgebung aufgenommen hat sondern sich noch im
Zustand der isolierten thermodynamischen Konstellation befindet.(
)
Mit dem Übergang der selbsterhaltenden Konstellation zum tätigen
Subjekt nimmt das Subjekt seine spezifische aktive Beziehung zu
seiner Umwelt auf, in der es auch gegen ein thermodynamisches Gefälle
wirken kann. Die einfache Tätigkeit ist noch nicht auf zu steuernde
Systeme gerichtet, sondern auf Gegenstände, die angeeignet
(resorbiert und assimiliert) werden. Diese einfache Tätigkeit muss
gesteuert werden, bevor die Steuerung von Systemen zur eigenständigen
Tätigkeit wird.
Der Terminus „Steuerung“ ist hat also einen
dreifachen Sinn:
·
als Designgestaltende selbsterhaltende Aktionen (DAS
)
·
als Steuerung von Systemen (←)
und die
·
als Selbststeuerung der Tätigkeit
Durch die Herstellung des stofflich-energetischen
Bezugs zur Umwelt in der >>Tätigkeit wird die intrinsische Begrenzung der Existenzzeit des selbsterhaltenden
Subjekts aufgehoben. Dafür tritt die Umwelt als neue limitierende
Bedingung in das Beziehungsgefüge des tätigen Subjekts. Der Begriff der
Tätigkeit erfordert eine spezifische Ausstattung der das Subjekt bildenden
Konstellation, es muss eine komplexe Konstellation sein, in die
Schnittstelle zwei voneinander unabhängige Energieformen verarbeitet. (Abbildung 3).
In dieser Konstellation ist die Existenzzeit des tätigen Subjekts nicht
mehr primär durch die Konstellation selbst begrenzt, sondern durch die
Verfügbarkeit des Gegenstandes Auch diese Begrenzung ist durch das
Subjekt verursacht, denn durch die Tätigkeit wird die Konzentration der
Ressource allmählich verringert und schließlich vollständig verbraucht
(Abbildung 3 on Mouseover).
Nun erst beginnt die intrinsisch begrenzte Existenzzeit.
Die allmähliche Verringerung der Konzentration des Stoff- oder
Energievorrats wirkt sich auf die Fließgeschwindigkeit in der
Antriebskomponente in gleicher Weise aus wie der Abfall des internen
Gefälles und führt so ebenfalls zu einer allmählichen Verringerung der
Geschwindigkeit der Tätigkeit (Abbildung 5).
Bereits mit der vom reflexiven Subjekt übernommenen Ausstattung (Abbildung
4) kann die Erhaltung des Fließgleichgewichts auch in der Tätigkeit gegen
den Abfall der Konzentration der Ressource g
(Abbildung 5) gewährleistet werden.Im Unterschied zur
Steuerung der Selbsterhaltung des einfachen, reflexiven Subjekts (
)
liegen die Steuerkomponente und der Ort des Erfolgs - der Gegenstand -
beim tätigen Subjekt mehr oder weniger weit voneinander entfernt. Das
führt dazu, dass der Effekt der Steuerung erst mit einem gewissen
zeitlichen Verzug einsetzt. Die durch die Steuerung der Tätigkeit
erreichte Konstanz der Fließgeschwindigkeit schwankt infolgedessen um
einen Mittelwert, sie schwingt, sie oszilliert.
Die Schwingungsdauer und Amplitude dieser Schwingungen ist der Größe des
Zeitverzugs und damit der Entfernung zwischen der Steuerkomponente und dem
Gegenstand der Tätigkeit als Wirkungsort proportional.
Diese Schwingungen machen die Konstellation instabil und können,
wenn sie eine bestimmte Größe überschreiten, zum Zusammenbruch der
Konstellation führen, das Subjekt stirbt.
Durch eine zusätzlich funktionelle Komponente kann die Schwingung der
Tätigkeit gedämpft werden. Dazu wird eine weiter spezifische Schnittstelle
installiert, die sich entfernt von der Steuerkomponente in der Nähe des
Gegenstandes befindet und mit der Steuerschnittstelle verbunden ist. Sie
liegt in der Grenze des Subjekts zum Umwelt, in der "Haut", "dermal".
Durch diese Verbindung kann das Subjekt Steuerungsaktionen bereits
auslösen, bevor Veränderungen der Umwelt das Fließgleichgewicht
unmittelbar erreicht haben (Abbildung 6).
Für das subjektwissenschaftliche Verständnis der
Steuerung ist das Zusammenwirken der internen Steuerkomponente mit der
dermalen Komponente bedeutsam. Auf den ersten Blick scheint die interne
Steuerkomponente überflüssig zu sein, die dermale Steuerkomponente kann
die erforderliche Funktion auch unmittelbar erfüllen (Abbildung 7). Eine
solche Konstellation wäre jedoch kein Subjekt mehr, es wäre nicht mehr
selbstgesteuert, sondern umweltgesteuert, also fremdgesteuert und damit
fremdbestimmt. Erst die interne Steuerkomponente gewährleistet Autonomie
und Selbstbestimmtheit.
Deshalb darf diese Verbindung nicht starr sein, sondern
muss gewährleisten, dass sie nur zustande kommt, wenn auch das Signal der
dermalen Komponente die Selbsterhaltung des Subjekts gewährleisten würde.
Anderenfalls geht die Steuerfunktion wieder an die primäre, interne
Steuerkomponente über, welche die Selbsterhaltung autonom (d.h. auch im
Rahmen der konstellationsbedingten Limits) gewährleistet.
IIn der
Herstellung dieser Verbindung wird die interne Information der ASD über
den dermalen Rezeptor auf Parameter des Gegenstandes übertragen. Die
Parameter des Gegenstandes werden dermalen Parameter werden so zum Träger
dieser Information. Auf diese Weise werden die Parameter des Gegenstandes
zur Information, mit der das Subjekt seine Tätigkeit steuert. Wenn da
Subjekt die Verbindung wieder löst, geht auch die Information des
Gegenstandes verloren./1/
Zur Beschreibung der Funktionsweise dieser neuen
funktionellen Komponente können nun wieder die Termini der
Nachrichtentechnik und Informationstheorie angewendet werden. Ihre
Bedeutungen erhalten dadurch Ergänzungen.
Das Standardmodell der Steuerungs- und
Informationstheorie beruht auf einer Beziehung zwischen Subjekt und einem
zu steuernden System, wobei das Subjekt die dazu erforderliche
Information bereit stellt (←).
In der ursprünglichen Form der Tätigkeit ist das
zweite Glied dieses Modells nicht ein System, sondern ein Gegenstand, und
der Gegenstand wird nicht gesteuert, sondern angeeignet und dadurch
zerstört (Abbildung
3←).
Der Begriff der Steuerung bildet im hier beschriebenen Zusammenhang nicht eine Beziehung des Subjekts zur Umwelt ab, sondern eine
Beziehung des Subjekts zu sich selbst. Steuerung der ursprünglichen
Tätigkeit ist also ebenso eine reflexive Aktion wie die DSA des einfachen
selbsterhaltenden Subjekts (
).
Die Information entsteht in der
ursprünglichen Steuerung der DSA aus der Abweichung der
Fließgeschwindigkeit von der Norm des Fließgleichgewichts. Sie bestimmt
das Maß der Änderung des Designs der Steuerkomponente. Diese Änderung des
Designs wird als Signal transportiert. Das Signal ist so zum Träger
der Information geworden. Im Steuerzentrum wird diese Information in ein
weiteres Signal umgewandelt, das zum Effektor transportiert wird und das
die Anpassung der Fließgeschwindigkeit an die Norm nach dem Maß der
enthaltenen Information bewirkt.
Im Unterschied dazu trägt das Signal des dermalen
Rezeptors zunächst keine Information, denn die entsteht erst in der DSA.
Die Veränderung ihres Designs wird nicht durch eine Beziehung zur
Fließgeschwindigkeit der sinngebenden Komponente bestimmt, sondern durch
Veränderungen des Gegenstandes. Eine Beziehung dieses Signals zur
Fließgeschwindigkeit der sinngebenden Komponente erfolgt erst durch die
Verbindung des dermalen Signals mit dem ursprünglichen Signal in der DSA.
Erst hier erhält das Signal seine Information und wird zum Träger von
Information.
Die Information ist also nicht als Eigenschaft der
Gegenstände, der Umwelt zu verstehen, sondern als Leistung der
Selbsterhaltung von Subjekten. Sie wird in der Tätigkeit erzeugt und dann
auf Gegenstände, Eigenschaften und Prozesse übertragen, die so zu
Signalen, zu Trägern der vom Subjekt erzeugten Information werden.
Diese Information wird dann in spezifischen
Tätigkeiten, die sich auf die Erhaltung von Systemen richten, auch zur
Steuerung der Systeme verwendet, wodurch wiederum die Selbsterhaltung der
Subjekte gewährleistet wird. Erst dieser letzte Zusammenhang ist Grundlage
des Sender - Empfänger - Modells der Steuerungs- und Informationstheorie.