Beiträge zur Erkenntnistheorie

Nichts ist in unseren Sinnen, bevor es in unserem Verstand war.

Erkenntnis • Prämissen • About • Glossar • Propädeutikum • Impressum • Über mich • Blog
Nach oben
Terminologie - Einführung
Terminologie - System
Terminologie - Subjekt
Selbsterhaltung
Terminologie Tätigkeit
Terminologie Information
Der freie Wille

 

Hinweise zur Navigation
Interner Link
  Externer Link
→ Glossareintrag
← Verweis in der Seite
/n/ Anmerkung

 

Zur Terminologie der Kategorie "Wille"

Der (eigene, freie) Wille gehört zu den essentiellen Bestimmungen des Subjekts. Ein Subjekt ohne volitive Fähigkeiten ist in keinem Paradigmensystem denkbar. Es gibt nur Paradigmensysteme, in denen die Kategorie des Subjekts gar nicht gedacht werden kann. /1/ Die Ausarbeitung eines auch physikalisch zulässigen Subjektbegriffs ermöglicht es nun,  auch einen physikalisch zulässigen Begriff des Willens zu entwickeln. 

Die Kategorie des Willens gehört zu den essentiellen Kategorien der Geisteswissenschaften. In der allgemein üblichen umgangssprachlichen Verwendung /2/ dieses Terminus wird der Terminus „Wille“ oft zusammen mit Prädikaten wie „frei“ oder „eigen“ verwendet. Dieser Sprachgebrauch  hat zur Folge, dass Prädikate wie „eigen“ oder „frei“ in der Kategorie des Willens als immanent und absolut abgebildet werden. Der Wille kann in diesem Sprachgebrauch nicht fremd oder unfrei sein. Fremder Wille ist immer der eigene Wille eines anderen Subjekts. Fremd kann nur das andere Subjekt, nicht aber der Wille sein.  Die ständige Nennung dieser Prädikate ist also redundant und kann →Ockhams Messer geopfert werden. Erst wenn diesen Prädikate definierte Merkmale zugeschrieben werden, können sie sinnvoll verwendet werden.
Als Träger des eigenen, freien Willens gilt im Allgemeinen das menschliche →Subjekt, was immer auch unter „Subjekt“ verstanden wird. Tieren oder Pflanzen wird in diesem Sprachgebrauch kein Wille zugeschrieben.
In den geisteswissenschaftlichen Erklärungsprinzipien vom menschlichen Willen wird physikalischer Indeterminismus logisch zwingend verlangt. Was auf Grund physikalischer Gesetze geschieht, kann nicht willentlich geschehen. Mit dieser Bestimmung des Begriffs des Willens haben die Geisteswissenschaften per definitionem den Zugang zu den Naturwissenschaften in beiden Richtungen verbaut. Alles, was physikalisch erklärt werden kann, ist per definitionem nicht Gegenstand der Geisteswissenschaften. Ein solcher Begriff des Willens ist physikalisch nicht zulässig. Die Trennung zwischen Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften wird auf diese Weise paradigmatisch zementiert, denn die Naturwissenschaften können auf das Prinzip des Determinismus nicht verzichten.
Diese Auffassung stellt Wissenschaften wie Psychologie und Neurophysiologie vor ein unlösbares Problem. Da sie sich als Naturwissenschaften verstehen, müssen sie im Paradigma des Determinismus denken. Dieses lässt aber willentliche  Prozesse nicht zu. Das führt letztlich dazu, dass manche Neurologen dem Menschen den Willen überhaupt absprechen. Zu diesem Problem habe ich mich bereits mehrfach auf dieser Website und in meinem Blog () geäußert.

Der Terminus „Wille“ in den Naturwissenschaften

Physiker und Chemiker haben offensichtlich kein Problem damit, physikalischen oder chemischen Prozessen das Prädikat „freiwillig“ zuzuschreiben, während Psychologen und Neurophysiologen wie bereits gesagt noch darüber streiten, ob dieses Prädikat menschlichen Aktionen überhaupt zuerkannt werden kann.
Welche Eigenschaften physikalisch beschreibbarer Prozesse werden abgebildet, wenn Physiker sie als „spontan“, „freiwillig“ bezeichnet? In Physik und Chemie besagen Termin wie „spontan“ oder „freiwillig“, dass ein physikalischer oder chemischer Prozess ohne äußere Ursache, abläuft. Das von Newton begründete kausalistische Paradigma besagt aber, dass jeder Körper seinen gegebenen Zustand beibehält, solange keine Kraft auf ihn einwirkt. Ohne Ursache gibt es keine Veränderung.
Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik besagt nun aber, dass jede offene thermodynamische Konstellation im Ungleichgewicht ohne weitere Ursache in den Zustand des thermodynamischen Gleichgewichts übergeht. Erst das Gleichgewicht ist der thermodynamische Zustand, der dauerhaft („ewig“) anhält. Dazu ist eine äußere Einwirkung nicht nur nicht erforderlich, sondern im Gegenteil hinderlich. Diesen thermodynamischen Prozess des Übergangs eines thermodynamischen Ungleichgewichts in das Gleichgewicht bezeichnen Physiker und Chemiker gewöhnlich als „spontan“ „freiwillig“, denn das Ungleichgewicht geht „von selbst“, eben „freiwillig“ in das Gleichgewicht über.
Dazu ist die Zuführung weiterer Energie von außen nicht erforderlich, oft wird sogar Energie nach außen abgegeben, wie die Lösungswärme() beim Lösen mancher Salze in Wasser.

Bei Biologen und speziell bei Neurobiologen ist Lage differenzierter. Im Allgemeinen wird hier der Terminus „Wille“ nicht als definierter Begriff benutzt.
Brembs hat neuronale Prozesse bei Wirbellosen untersucht, bei deren Beschreibung er den Termini wie „spontan“ oder „freiwillig“ nicht vermeiden konnte. Ohne wissenschaftliche Definition bleiben solche Worte aber Metaphern. Deshalb hat Brembs nun ein interessantes Konzept des freien Willens vorgeschlagen, in dem spontane Aktionen Wirbelloser als biologische Merkmale aufgefasst werden.
Als Neurophysiologe argumentiert er auf der Basis der von ihm und Anderen gewonnenen empirischen Daten, die in gängigen verhaltensbiologischen Konzepten nicht hinreichend abgebildet werden können. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass das erforderliche Konzept über den Rahmen neurobiologischer Kategorien hinaus reichen müsste. Insbesondere ist dazu ein Konzept für den Träger des Willens erforderlich, das Subjekt, für das er das Wort „Selbst“ verwendet. Ein Konzept, welches das Nervensystem als Träger des Willens postuliert, reiche nicht aus, das spontane, freiwillige Verhalten der Tiere zu erklären.
Um den Willen als Kategorie zu verstehen, die widerspruchsfrei sowohl in den Natur- wie in den Geisteswissenschaften verwendet werden kann, muss zunächst der Träger des Willens, das Subjekt als physikalische zulässige thermodynamische Entität definiert sein (). Er darf nicht länger im Bereich des Metaphysischen oder Metaphorischen angesiedelt bleiben, wo er sich der naturwissenschaftlichen und logischen Bearbeitung entzieht. Dann kann man die Frage angehen, welche Eigenschaft des Subjekts „Wille“ genannt werden kann.
Natürlich ist die dargestellte Verwendung des Terminus „Wille“ in den Naturwissenschaften metaphorisch. Diese naturwissenschaftliche →Metapher kann aber zu einem wohldefinierten Begriff entwickelt werden. Ein solcher Begriff sollte es dann ermöglichen,  auch so komplexe Formen des Willens wie den („eigenen“, „freien“) menschlichen Willen so abzubilden, dass er, ohne seinen spezifischen Gehalt zu verlieren, mit den kausalistischen Paradigmata der Physik verträglich bleibt. Diese Entwicklung des Begriffs sollte →aufsteigend von der Abstrakten Bestimmung die reale, evolutionäre Entwicklung des Gegenstandes abbilden.

Die Triebkraft thermodynamischer Konstellationen

Wenn ein spontaner thermodynamischer Prozess eintreten soll, muss eine →Konstellation mit einer bestimmten Minimalausstattung vorliegen:

·         eine Quelle mit einem Energievorrat,
·        
eine Senke,
·        
eine Verbindung zwischen Quelle und Senke (z.B. ein „Kanal“).

In einer solchen Konstellation besteht ein thermodynamisches Gefälle, die Potenzialdifferenz. Sobald diese Konstellation eingetreten ist, startet die Entstehung des thermodynamischen Gleichgewichts  spontan, freiwillig, d.h. ohne weiteres Zutun. Es kommt zum Ausgleich der Potentiale, dem Strom.
Die Gesetze dieses Prozesses werden von der Kinetik als der Lehre vom Weg ins Gleichgewicht und dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik beschrieben. Sie können in jedem einschlägigen Lehrbuch nachgelesen werden.
Für den weiteren Gedankengang ist vor allem der Aspekt des Spontanen, Freiwilligen bedeutsam. Kann das Spontane, Freiwillige dieses Prozesses mit einem physikalischen Maß gemessen werden. Hat der Wille also auch ein physikalisches Maß?
In der Thermodynamik gibt es den Begriff der Triebkraft, die aus der Gibbs-Energie () berechnet wird und von der Größe des Gefälles und der Prozessgeschwindigkeit abhängt. Die Triebkraft einer thermodynamischen Konstellation()  ist umso größer, je größer ihr thermodynamisches Gefälle (die Potentialdifferenz) ist.
Wenn diese Triebkraft gleich 0 ist, geschieht freiwillig, d.h. ohne äußere Einwirkung, ohne Ursache gar nichts. Erst wenn die Triebkraft >0 ist, kommt es spontan, freiwillig zu einem thermodynamischen Prozess, der solange abläuft, wie die Triebkraft >0 ist.
Die thermodynamische Triebkraft kann also auch als Größe betrachtet werden, aus der ein Maß für Größe des Willens abgeleitet werden kann.

Der Wille eines Subjekts ist stets nach außen gerichtet, auf die Umwelt des Subjekts. Dazu muss die Konstellation des thermodynamischen Prozesses mit einer weiteren Komponente, der Schnittstelle, ausgestattet werden, durch die die Triebkraft  nach außen gelenkt wird (Abbildung 2). Energetische Schnittstellen wirken ähnlich wie Getriebe, die Kraft und Richtung einer Bewegung ändern.
Die Kraft, mit welcher der thermodynamische Prozess („Strom“) auf die Schnittstelle wirkt, ist die Antriebskraft. Ihr Betrag wird von der thermodynamischen Triebkraft  und der Fließgeschwindigkeit des Stroms bestimmt. Mit wachsender  Prozessgeschwindigkeit wächst auch die Antriebskraft (). Sie bestimmt die Leistung der Konstellation.
Wenn die Konstellation erst einmal existiert, dann beginnt der Prozess von selbst, spontan, ohne weitere äußere Ursache. Diese Eigenschaft bezeichnet der Physiker auch als „freiwillig“. Tatsächlich hat es der Physiker aber stets mit →Systemen zu tun, d.h. mit Konstellationen, die Produkte menschlicher Tätigkeit sind. Der Prozess beginnt also nicht wirklich von selbst, spontan, sondern wird vom Designer in Gang gesetzt, gestartet.

Die Bezeichnung der Eigenschaft der Spontaneität mit einem Wort ist schon deshalb erforderlich, um Prozesse dieser Art von anderen Prozessen, die einen äußeren Antrieb erfordern, zu unterscheiden. Nennt man diese Eigenschaft auch bei Systemen „Wille“, dann ist dieser Wille keiner, der selbst spontan, von selbst entsteht, als native Eigenschaft des Systems. Er ist vielmehr, ein konstruierter, vom Designer gestalteter, verliehener Wille. Hier kann er nur eine →Metapher sein.
Anders ist das bei →Subjekten, d.h. bei Konstellationen, die von auch selbst entstehen, durch Autodesign („Urzeugung“). Die Eigenschaften von Subjekten sind per definitionem nativ, sie entstehen mit dem Subjekt von selbst. Der Wille von Subjekten ist ihr eigener Wille und nicht der Wille eines Designers oder Schöpfers.
Da auch die subjektbildende Konstellation eine thermodynamische Konstellation ist, kann auch das Subjekt mit den Termini der Thermodynamik beschrieben werden. Auch der eigene Wille des Subjekts hat also ein physikalisches Maß. Der subjektive Wille steht nicht mehr außerhalb der Physik sondern ist auch physikalisch beschreibbar.

Erkenntnistheoretischer Exkurs

Zugleich aber sind Subjekte und ihr Wille eigenständige Entitäten, die außerhalb der Konstrukte der Physik existieren. Die Physik und ihre Objekte sind Artefakte, Resultate der schöpferischen Tätigkeit eben von menschlichen Subjekten. Sie sind Konstrukte einer Realität ohne Menschen, einer Realität, aus der sich der Mensch als Schöpfer dieses Konstrukts „herausgerechnet“ hat. Und deshalb kann er auch nicht als Element, als Teil dieses Konstrukts abgebildet werden, sondern nur als Schöpfer dieses Konstrukts.
Reale menschliche Subjekte sind keine Konstrukte, sie existieren wirklich, real. Die Formulierung, dass sie unabhängig vom Menschen existierten, ist leer, hat keinen →Sinn. Das zweite Glied der Abhängigkeitsbeziehung kann nur die Realität sein, deren Teil der Mensch ist. Der andere Teil ist die Realität ohne den Menschen, die ebenfalls nur als Glied dieser Relation existieren kann, sobald es uns Menschen gibt. Man kann diesen Teil gedanklich – aber nur gedanklich – aus dieser Beziehung herauslösen und beispielsweise mit dem Wort „Natur“ bezeichnen. Das aber ist ein Konstrukt, „in Wirklichkeit“ existiert reale Natur nur in ihrer Beziehung auf den Menschen.
Ein naturwissenschaftlicher Begriff des Subjekts erfordert also auch adäquate Begriffe von Realität und Natur. Dies sind erkenntnistheoretische Begriffe, die jeder Erkenntnis vorausgesetzt sind, unabhängig davon, ob der Erkennende sich dessen bewusst ist oder nicht. Weder die empiristische noch die konstruktivistische Position der Erkenntnistheorie ermöglicht Begriffe von Realität und Natur, die eine naturwissenschaftliche Fassung des Subjektbegriffs. Das ist nur einer tätigkeitstheoretisch begründeten Erkenntnistheorie möglich, um deren Ausarbeitung ich mich in diesem Projekt bemühe. Die Grundlegenden Prämissen einer tätigkeitstheoretisch begründeten Erkenntnistheorie habe ich in den „Erkenntnistheoretischen Prämissen“ () zusammengefasst.
Wille wird so eine wohldefinierte physikalische Eigenschaft thermodynamischer Konstellationen mit einer definierbaren Ausstattung an funktionellen Komponenten. Entscheidend für das richtige Verständnis dieser Eigenschaft ist die Tatsache, dass der Wille nicht die Eigenschaft einzelner Komponenten der Konstellation ist, sondern eine Eigenschaft der Konstellation als Ganzes, eine systemische Eigenschaft. Der Wille wird nicht durch die  thermodynamischen Parameter der einzelnen Komponenten des Subjekts und deren Anordnung bestimmt. Diese bestimmen nur dessen physikalische Qualität. Zum Willen werden diese Eigenschaften dadurch, dass sie Parameter einer autogen entstandenen thermodynamischen Konstellation sind. Artefakte, Systeme können keinen Willen haben.
In diesem Kontext erhält auch die Bestimmung, dass das Subjekt über einen eigenen Willen verfügt, Sinn und Bedeutung. Ein →System als ideelles oder materielles Artefakt kann nur den Willen seines Erzeugers realisieren und nur dessen Willen haben, einen verliehenen Willen. Nur der Wille eines →Subjekts, das autogen entstanden ist, ist sein eigener Wille.

Natürlich ist noch nichts gewonnen, wenn wir die thermodynamische Triebkraft des Subjekts nun als „Wille“ bezeichnen. Anders ist das aber, wenn wir die Triebkraft  eines thermodynamischen Prozesses in der Konstellation eines tätigen Subjekts betrachten, eines Subjekts, das sich selbst in der Zeit erhält. Dazu muss die Konstellation mit weiteren Komponenten ausgestattet sein (Abbildung 3, ).
Die Triebkraft des Fließgleichgewichts wird über die Schnittstelle auf den Resorber (z.B. eine Pumpe) übertragen und bestimmt so die Triebkraft  der Tätigkeit, die das Subjekt auf den Gegenstand richtet. Dadurch wird der Gegenstand auf ein höheres Niveau der potentiellen Energie des Fließgleichgewichts gehoben. Dabei wird auch die innere Energie des Gegenstandes auf die innere Energie der Quelle übertragen, die dann über die Schnittstelle die Tätigkeit erneut antreibt.

Die autogene Spontaneität  der Tätigkeit des Subjekts  nun als „Wille“ zu bezeichnet ist keineswegs trivial. Diese Zuschreibung erzeugt einen Erkenntnisfortschritt, indem sie aufdeckt, dass der Wille des Subjekts eine physikalisch definierte Größe ist. Das Subjekt und sein Wille wird so aus dem Reich der Metaphysik in der Welt der Physik versetzt.

Der Wille der gesteuerten Tätigkeit

Die ursprüngliche Tätigkeit ist auf den Gegenstand gerichtet, ist aber noch nicht gesteuert. Die Steuerung der Tätigkeit erfordert eine Bewertung der Resultate der Tätigkeit, d.h. eine Bewertung des Beitrags, den die jeweilige Tätigkeit zur Selbsterhaltung des Subjekts leistet. Steuerung der Tätigkeit ist also eine Leistung des Subjekts, des Ganzen, nicht die Leistung einer seiner Komponenten, auch wenn dazu eine spezifische Komponente, die Steuerkomponente erforderlich ist. Es ist wie bei jedem anderen Organ: nicht die Beine laufen, sondern das Subjekt läuft mit seinen Beinen.Das Besondere der Leistung der Steuerkomponente besteht darin, dass sie zwar auch von der Antriebskraft des Subjekts angetrieben wird, dass diese jedoch nicht in die Antriebskraft der Tätigkeit eingeht. Die Triebkraft des Subjekts bewirkt nur Veränderungen des Designs der Steuerkomponente, Diese Veränderung des Designs gehen als Information in das Design der Antriebskomponente über und verändert dadurch den Betrag der physikalischen Größe des Willens. (Abbildung 4) In der Steuerkomponente wird die Information von der Antriebskraft getrennt und so zu einer eigenständigen Eigenschaft eines thermodynamischen Prozesses. ()
Auf dieser Stufe der Steuerung sind noch keine Informationen über den Gegenstand beteiligt. Die Information ist nur durch den Betrag des Fließgleichgewichts beteiligt, der Resultante der Tätigkeit des Subjekts als Ganzes ist.Information über den  Gegenstand wird erst dann an der Steuerung beteiligt, wenn die Konstellation mit einer weiteren Komponente ausgestattet wird. Die dazu erforderliche Komponente ist der Rezeptor. (Abbildung 5) Der Rezeptor ist wie die ursprüngliche Steuerkomponente eine energetische Schnittstelle, die durch die Energie des Prozesses der Aufnahme des Gegenstandes Resorption) betrieben und in Veränderungen des Designs des Rezeptors umgewandelt wird. Diese wird auf die ursprüngliche Steuerkomponente übertragen erhält eine Bewertung durch das Subjekt – die „Information“ und fließt dann in die Steuerung der Tätigkeit ein, wenn das dem Willen des Subjekts entspricht. Der Wille ist also nicht in der Information des Rezeptors enthalten, sondern „produziert“ diese Information.
Auch die Information des Gegenstandes ist folglich keine „objektive“ Leistung des Gegenstandes, sondern subjektive Leistung des Subjekts, das den Erfolg der Tätigkeit bewertet hat.

Neuronale Steuerung

Diese funktionelle Ausstattung des Subjekts erfordert offensichtlich noch kein Nervensystem. Sie liegt auch der Organisation der Steuerung der Tätigkeit von Bakterien zugrunde und wird durch die Organisation biochemischer Prozesse realisiert. (Litsche 2004, S.96ff.) Sie liegt auch der Steuerung der Tätigkeit vielzelliger Pflanzen zugrunde, die durch hormonelle und andere biochemische Prozesse realisiert wird.
Sie liegt schließlich auch der Steuerung der Tätigkeit der vielzelligen Tiere zugrunde und wird bei diesen durch das Nervensystem realisiert. Die vorgetragenen Überlegungen machen deutlich, dass der Wille auch bei diesen nicht im System der steuernden Komponenten gefunden werden kann. Er ist auch hier eine intrinsische Eigenschaft des Subjekts als Ganzes ()
Den Sitz des Willens im Nervensystem zu postulieren heißt, allen Lebewesen einen Willen abzusprechen, die kein Nervensystem besitzen. Das steht nicht nur im Widerspruch zu den Erkenntnissen der modernen Pflanzenphysiologie, sondern stellt auch die Einheit der biologischen Wissenschaft in Frage.
Die Neurophysiologie untersucht die neuronale Steuerung der Tätigkeit vielzelliger Tiere, also den Fall, in dem ein Nervensystem als Steuerkomponente arbeitet. Sie untersucht also einen sehr spezifischen und hoch entwickelten Fall gesteuerter Tätigkeit, bei dem die Steuerung die Qualität des Psychischen erreicht.
Dieser Theorie der neuronalen Steuerung liegt keine Theorie der Evolution der Tätigkeit zugrunde, welche die Steuerung durch ein Nervensystem aus nicht neuronal gesteuerten Tätigkeitsformen darstellt. Deshalb können die grundlegenden Begriffe der neuronalen Steuerung auch nicht aus anderen Begriffen gesteuerter Tätigkeit abgeleitet werden. Diese müssen vielmehr muss sie ihre grundlegenden Begriffe ad hoc definiert werden. Dabei benutzt sie begriffliche Apparate und Erklärungsprinzipien, die ihren Ursprung nicht in der biologischen Theorie haben, sondern der Informationstheorie, der Steuerungstheorie und der Systemtheorie entnommen werden. Dass dabei nicht nur der Wille, sondern das ganze lebende Subjekt auf der Strecke bleiben muss, liegt auf der Hand.Das Modell der Steuerung, das der Theorie der Neurophysiologie zugrunde liegt, ist daher nicht aus einem Modell der Steuerung der Tätigkeit abgeleitet. Bei einem solchen Modell (Abbildungen 6, 7) sind auf die Frage nach dem Antrieb nur zwei Antworten denkbar: Der Antrieb liegt außerhalb des Nervensystems oder im Nervensystem selbst. Wenn man dabei an Kategorien wie den Willen denkt, kann man im zweiten Fall schon zu der Auffassung kommen, der Wille sei im Nervensystem selbst zu finden. Dann aber kommt man (wie beispielsweise Libet) zu dem Ergebnis, dass es keinen Willen gibt.
Die neuronale Steuerung befindet sich aber bereits auf einem höher entwickelten Niveau, auf dem auch Informationen aus der Umwelt in die Steuerung einbezogen sind (Abbildung 7, /3/). Hier kann man, dem physikalischen Paradigma der Kausalität folgend, den Antrieb in die Umwelt verlegen (Abbildung 7 grün gezeichnet). Dann hat man das Paradigma des Behaviorismus und braucht keinen Willen als Erklärungsprinzip.
Der Wille ist also keine Eigenschaft des Nervensystems, er braucht einen anderen Träger. Deshalb kann er auch nicht auf dem Wege der empirischen Untersuchung des Nervensystems gefunden werden. Er ist eine Eigenschaft des Subjekts, und das Subjekt kann nur als Ganzes, als Ganzheit verstanden werden. Die Erkenntnis des Ganzen erfordert ein bestimmtes gedankliches Vorgehen. Die Frage ist nicht, wie das Ganze aus den Teilen entsteht, sondern wie das Ganze zu seinen Teilen kommt ().

 

Der Wille in den Naturwissenschaften
Die Triebkraft thermodynamischer Konstellationen
Erkenntnistheoretischer Exkurs
Der Wille der gesteuerten Tätigkeit
Neuronale Steuerung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Angemerkt:
Im Allgemeinen wird das Problem des menschlichen Willens nicht in dieser Schärfe erörtert, sondern in der Frage nach dem so genannten freien Willen versteckt. Die These, dass der Mensch nicht über einen freien Willen verfüge, verschleiert aber nur, dass es um den Willen überhaupt geht und unterstellt, der Mensch hätte auch keinen Willen.

 

 

 

 

 

 

Definition:
“Spontane Vorgänge sind Vorgänge, die von alleine, ohne äußeres Zutun ablaufen; damit sind gleichsam per definitionem Vorgänge oder Reaktionen, die in Richtung thermodynamisches Gleichgewicht führen.“ (Hellmut Föll: Einführung in die Materialwissenschaft I,
)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

Abbildung 1: Minimalausstattung der Konstellation eines thermodynamischen Prozesses (Qu Quelle, S Senke, Animation: )

 

 

 


Abbildung 2: Schnittstelle einer thermodynamischen Konstellation (Qu Quelle, S Senke, blau: S Schnittstelle, L Leistung)

 

Vektoren:
Wie jede Kraft ist auch die Triebkraft eine gerichtete Größe. Gerichtete physikalische  Größen sind vektorielle Größen, die einen Betrag und eine Richtung besitzen. Die Richtung wird gewöhnlich durch einen Pfeil dargestellt, dessen Länge dem Betrag entspricht. (
)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Abbildung 3: Modell tätiges Subjekt  (Qu Quelle, S Senke, FLG Fließgleichgewicht, R Resorber (Pumpe), G Gegenstand, S Schnittstelle)

 

 

 

 

 

 


 

Abbildung4: Steuerung der Tätigkeit (rot Steuerkomponente, G Gegenstand, P Pumpe (Resorber),Qu Quelle, S Senke blau S A Abfluss)


 

Abbildung5: Steuerung der Tätigkeit mittels Rezeptoren (Grün R Rezeptor, sonst wie Abbildung 4)


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Abbildung6
: Modell einer ursprünglichen Steuerung der Tätigkeit.


Abbildung7: Modell einer entwickelten Steuerung der Tätigkeit

 

 

 

Weiterführende Links:
Chemische Experimente mit spontanen Prozessen: ,
Animation thermodynamischer Prozess:

Weiterführende Literatur:
Brembs, Björn (2010): Towards a scientific concept of Free Will as a biological trait: spontaneous actions and decision-making in invertebrates. Proceedings of the Royal Society B
Kluge, Gerhard; Neugebauer, Gernot (1994): Grundlagen der Thermodynamik, Spektrum Akademischer Verlag GmbH, Heidelberg Berlin Oxford

Libet, B., Gleason, C. A., Wright, E. W. & Pearl, D. K. 1983 Time of conscious intention to act in relation to onset of cerebral activity (readiness-potential). The unconscious initiation of a freely voluntary act. Brain: a journal of neurology, 106 (Pt 3), p.623-642

Schopenhauer, Arthur (1887): Ueber den Willen in der Natur, F.A. Brockhaus, Leipzig,

Schopenhauer, Arthur (1819): Die Welt als Wille und Vorstellung, F.A. Brockhaus, Leipzig

Zurück

© Dr. G. Litsche 2010
Letzte Bearbeitung: 25.05.2011