Zur Terminologie der Kategorie "Selbsterhaltung"
In der Minimalausstattung einer selbsterhaltenden Konstellation
ist deren Existenzzeit konstellationsbedingt begrenzt. In dieser einfachen
Ausstattung kann eine selbsterhaltende Konstellation
(ein
→„Subjekt“) nicht dauerhaft existieren. Zum einen ist die
Fließgeschwindigkeit nicht konstant, sondern nimmt exponentiell ab, zum anderen wird die Existenz der Konstellation durch ihren
Energievorrat zeitlich begrenzt.
Das Gleichgewicht einer thermodynamischen
Konstellation ist per se dauerhaft, es muss nicht erhalten
werden und erhält sich auch nicht selbst. Das
Gleichgewicht ist ein existierender Zustand. Das Wort
„Selbsterhaltung“ ist zur Beschreibung dieser Dauerhaftigkeit des
Gleichgewichts ungeeignet. Die Anwendung dieses Terminus für die
Dauerhaftigkeit des Gleichgewichts müsste Ockhams Messer zum Opfer fallen.
Das Gleichgewicht wird nicht erhalten, es ist, es existiert.
Ein thermodynamisches Ungleichgewicht strebt diesem thermodynamischen
Gleichgewicht zu. Seine Parameter ändern sich fortlaufend. Erst mit dem
Erreichen des Gleichgewichts werden sie konstant (Abbildung 2).
Sinnvoll ist der Terminus „erhalten“ hingegen, wenn ein Zustand des
Ungleichgewichts dauerhaft würde, wie das beim ()Fließgleichgewicht
der Fall ist. Das Fließgleichgewicht muss erhalten werden,
anderenfalls strebt die Konstellation dem Zustand des Gleichgewichts zu.
Die Erhaltung erfolgt gegen die spontane („freiwillige“) Richtung des zu
erhaltenden Prozesses.
Zur Gewährleistung einer dauerhaften Erhaltung des Fließgleichgewichts
(d.h. einer konstanten Fließgeschwindigkeit) sind folglich weitere
funktionelle Komponenten erforderlich. Sie sollen zunächst theoretisch an
einem hydrodynamischen Modell entwickelt werden.
Die Fließgeschwindigkeit in einer offenen
thermodynamischen oder hydrodynamischen Konstellation wird durch die
Potenzialdifferenz – dem Gefälle – zwischen Quelle und Senke bestimmt. sie
ist konstant, solange das Gefälle konstant bleibt. Ein Fließgleichgewicht
kann sich von selbst bei jedem beliebigen Wert der Fließgeschwindigkeit
einstellten, indem das jeweilige Gefälle konstant wird.
Das erkenntnistheoretische Problem entsteht, wenn die das
Fließgleichgewicht bei einer bestimmten, ausgezeichneten
Fließgeschwindigkeit entstehen und erhalten werden soll.
Solange der erkennende und gestaltende Mensch diese Auszeichnung vornimmt,
wird ein System geschaffen. Soll ein Subjekt entstehen, muss diese
Auszeichnung auch von selbst entstehen. Das Subjekt zeichnet sich selbst
aus. Wenn wir nicht den Zufall oder einen Schöpfer bemühen wollen, muss es
eine Konstellation geben, bei der sich dieser Zustand bei messbaren
(möglicherweise einmaligen) Werten physikalischer und chemischer Parameter
notwendig einstellt. Dieses Problem wird von der Theorie der Biogenese
() bearbeitet.
*
Da das
Subjekt unabhängig von äußeren Einwirkungen agiert – dadurch ist es
definiert – können
→Aktionen, die das Fließgleichgewicht erhalten, nur
Aktionen sein, durch die das Subjekt auf sich selbst wirkt.
Selbsterhaltende Aktionen müssen also reflexive Aktionen
sein. Reflexive Aktionen sind auch in isolierten thermodynamischen
Konstellationen denkbar, das selbsterhaltende Subjekt braucht keine
Beziehung zur Umgebung.
Energetische
selbsterhaltende Aktionen („Reparatur“)
Das Fließgleichgewicht offener Konstellationen kann
erhalten werden, indem Substanz oder Energie zu- und
abgeführt werden. Zufluss und Abfluss erhalten
das Gefälle zwischen Quelle und Senke.
Wenn Zufluss und Abfluss wie beim Subjekt aber entfernt werden, ist zur
Erhaltung des Fließgleichgewichts eine Komponente erforderlich, durch die
das Fließgleichgewicht trotz des Fehlens von Zu- und Abfluss erhalten
wird. Nur wenn diese Komponente zudem eine Komponente der Konstellation,
deren Teil, ist, kann der Terminus „Selbsterhaltung“
sinnvoll angewendet werden. Wenn diese selbsterhaltende Konstellation nun
noch natürlich („von selbst“) entstanden ist, ist sie ein Subjekt.
Selbsterhaltende vom Menschen hergestellte Konstellationen sind Automaten.
Bekannt sind beispielsweise automatische Staubsauger, deren Programm auch
dafür sorgt, dass sie rechtzeitig an eine Energiequelle andocken, an der
sie ihre Batterie wieder aufladen.
In unserem hydrodynamischen Modell könnte diese Komponente eine
Pumpe sein, die das Fluid von der Senke wieder zur Quelle pumpt. Die dazu
erforderliche Energie könnte über eine Schnittstelle durch die Energie des
Fließgleichgewichts angetrieben wird. Die autonome Aktion des
Fließgleichgewichts richtet sich so auf das Fließgleichgewicht selbst. Es
ist eine reflexive Aktion.
Ich nenne reflexive Aktionen dieser Art „Reparatur“. Damit soll
ausgedrückt werden, dass die durch das Abfließen des Fluids verursachte
Selbstzerstörung des Subjekts wieder rückgängig gemacht wird. Der
ursprüngliche Zustand wir wieder hergestellt, die Konstellation wird
repariert.
Eine dauerhafte (ewige) Existenz könnte nach dem ersten Hauptsatz der
Thermodynamik aber auch durch Reparatur nur gewährleistet werden, wenn es
keine Reibungsverluste gäbe. Ein reales (physisches) Subjekt mit einer
Selbstreparaturkomponente könnte zwar länger existieren als ohne diese,
aber auch nicht dauerhaft (ewig).).
Energetische selbsterhaltende Aktionen können den
exponentiellen Abfall der Fließgeschwindigkeit infolge der Reibung aber
auch nicht verhindern, sie können ihn nur verlangsamen und so die
Existenzzeit verlängern. Um eine konstante Geschwindigkeit (Abbildung 5)
zu erreichen, bedarf es einer weiteren funktionellen Komponente, durch die
das Subjekt seine Aktion konstant halten kann (Abbildung 6).
Diese Komponente beeinflusst den anderen
Faktor, der die Fließgeschwindigkeit beeinflusst, ist das
→Design
der Konstellation, beispielsweise der Gestalt und Größe des Querschnitts
des Kanals.
Wenn die Fließgeschwindigkeit durch das Design der Komponenten der
Konstellation bestimmt wird, muss diese neue Komponente das Design von
Komponenten jeweils so verändern, dass die Fließgeschwindigkeit
konstant bleibt.
Da die Fließgeschwindigkeit wie alle Parameter der Aktion durch die
Parameter des Designs der Konstellation bestimmt werden, können sie
auch durch die Veränderung der Parameter des Designs beeinflusst werden.
Die Parameter der Aktion sind den Parametern des Designs direkt
proportional, es gilt also:
(1)
A = f(D)
oder
(2)
A = p * D
wobei A die Parameter der Aktion und D die Parameter
des Designs sind, p ist der Proportionalitätsfaktor.
Umso größer die fließgeschwindigkeitsbestimmenden
Parameter des Designs, beispielsweise das Gefälle oder der Durchmesser des
Kanals sind, desto größer ist auch die Leistung der
→Aktion. Die vom
Subjekt aufgewendete Energie oder Substanz bewirkt die Aktion unmittelbar,
direkt. Da Energie oder Substanz über die Schnittstelle durch die Aktion
verbraucht (nach außen abgegeben) werden, kommt es zur exponentiellen
Abnahme der Parameter der Aktion.
Es bedarf also einer Komponente, durch die das Subjekt sein eignes Design
so verändert, dass die durch die Aktion veränderten stofflich-energetisch.
Parameter der Konstellation wieder rückgängig gemacht werden.
Gefälle oder Kanaldurchmesser müssen so verändert werden, dass die
ursprüngliche Geschwindigkeit der Aktion wieder hergestellt wird. In einem
hydrodynamischen
→Referenzobjekt könnte das durch einen Schieber
geschehen, der den Kanaldurchmesser verändert Abbildung
6 on Mouseover)).
Betrachten wir nun diese neue DSA genauer!
Die DSA bestimmt das Design der Konstellation (z.B. den Durchmesser des
Kanals) und über das Design die energetischen und stofflichen Parameter
des Stroms (z.B. die Fließgeschwindigkeit). Ihr spezifisches Design
bewirkt nun, dass die Steuerkomponente die Parameter des Designs der
Konstellation und so die Fließgeschwindigkeit verändert. Ihre Anordnung in
der Konstellation hat zur Folge, dass sinkende Fließgeschwindigkeit zur
Vergrößerung des Kanaldurchmessers und in der Folge zu einer Erhöhung der
Fließgeschwindigkeit führt.
Erst einer Konstellation mit diesem Design wird die Fließgeschwindigkeit
wirklich zu einer konstanten Größe, d.h. zu einem Fließgleichgewicht.
Dieses Fließgleichgewicht wird über die DSA von der Konstellation selbst
aufrecht erhalten, die Konstellation ist eine selbsterhaltende
Konstellation. Ist sie natürlich, von selbst entstanden, ist sie
ein selbsterhaltendes, reflexives Subjekt. Es ist auch eine
Sprachkonvention denkbar, in der nicht schon selbstbestimmte, sondern erst
selbsterhaltende Konstellationen „Subjekte“ genannt werden.
Das Fließgleichgewicht erfordert eine Komponente, welche die DSA ausführt,
gleichwohl wird die Fließgeschwindigkeit nicht durch diese
Komponente allein bestimmt, sondern durch die Konstellation als Ganzes,
d.h. durch das „systemische“ Zusammenwirken aller Komponenten der
Konstellation.
Der Zusammenhang zwischen den Größen ist wieder mathematisch darstellbar.
Die Designparameter der DSA-Komponente sind der Größe der Parameter der
Aktion nun jedoch umgekehrt proportional. Es gilt also:
(3)
D(st) = f(1/A)
oder
(4)
D(st) = p 1/A
,
wobei A die Parameter der Aktion und D(st) die
Parameter des Designs der die DSA ausführenden Komponente sind, p ist der
Proportionalitätsfaktor.
Mit der Entstehung der
selbsterhaltenden Konstellation (oder deren Start) wird die zu
diesem Zeitpunkt gegebene Fließgeschwindigkeit als die zu erhaltende
bestimmt. Mit der Entstehung der Konstellation wird die
Fließgeschwindigkeit zu einer Konstante. So, wie die
Konstellation zu diesem Zeitpunkt beschaffen ist, kann gar nichts anderes
geschehen, als die Selbsterhaltung dieses Zustandes. Es bedarf keines
Designers oder Schöpfers, die als „externe Instanz“ diesen Wert als „Norm“
oder „Ziel“ der Konstellation festlegt.
Die Beschaffenheit dieser Konstellation zeichnet das Fließgleichgewicht
auch als besondere Komponente aus. Beim Entstehen der Konstellation
bestimmen die Werte der unabhängigen physikalischen Größen die
Fließgeschwindigkeit des Fließgleichgewichts. Einmal
als
selbsterhaltende Konstellation entstanden kehren sich die
Verhältnisse um. Auf Grund der in der Konstellation geltenden
physikalischen (kausalen) Gesetze bestimmt die Fließgeschwindigkeit im
Fließgleichgewicht auch den Wert der physikalischen Größen aller anderen
Komponenten. Die vormals unabhängigen Variablen werden zu abhängigen
Konstanten. Sie erhalten ihre „Funktion“, die darin besteht, die
entstandene Fließgeschwindigkeit konstant– als Fließgleichgewicht -
zu halten.
Die ausgezeichnete Funktion, die das Fließgleichgewicht erfüllt, indem es
den Sollwert aller anderen Komponenten der Konstellation bestimmt, macht
es zur sinngebenden Komponente der Konstellation.
Der
(systemtheoretische)
→Sinn aller übrigen Komponenten der
selbsterhaltenden Konstellation ist der Beitrag, den diese zur
Selbsterhaltung der Konstellation leisten. Die Fließgeschwindigkeit des
Fließgleichgewichts erklärt, warum das Design und die Leistung aller
anderen Komponenten den Wert haben müssen, den sie eben haben.
Die Funktion der DSA ist uns aus den verschiedensten
Zusammenhängen bekannt, in denen sie gewöhnlich „Steuerung“
genannt wird. Wenn wir und nun entschlössen, die DSA ebenfalls „Steuerung“
zu nennen, dann wäre das keineswegs „unschuldig“, sondern hat erhebliche
Konsequenzen. Diese wollen bedacht sein, bevor eine solche terminologische
Entscheidung getroffen wird.
Indem wir die beschriebene funktionelle Komponente „Steuerkomponente“
nennen, schreiben wir ihr - ob wir wollen oder nicht - eine Reihe von
Eigenschaften zu, die uns mit diesem Wort in unserer gesellschaftlichen
Erkenntnis vorgegeben sind. Diese
→Zuschreibung kennzeichnet das
→Erklärungsprinzip, mit dem wir den Gegenstand beschreiben wollen
(Abbildung 7 on Mouseover).
Diese Zuschreibung ist nur möglich, weil es die begrifflichen und
terminologischen Apparate der Informationstheorie und Steuerungstheorie
bereits gibt. Indem sie zur Beschreibung von Sachverhalten benutzt werden,
für die sie nicht gemacht sind, werden zwei Effekte erreicht. Zum einen
wird die benutzte Terminologie und Begrifflichkeit selbst verändert, indem
sie dem neuen Zweck angepasst wird. Zum anderen wird so die Wahrnehmung
organisiert, indem den beobachteten Entitäten Eigenschaften a priori zugeschrieben werden.
Die Benutzung einer vorhandenen Terminologie muss bei der Beschreibung
neuer Sachverhalte also behutsam und kontrolliert erfolgen, sonst wird der
Wunsch leicht zum Vater des Gedankens.
Zunächst haben wir dieser Komponente nur die Funktion zugeschrieben, die
sie erfüllen muss, wenn die Konstellation „funktionieren“ soll. Diese
Funktion ist die Anpassung des Designs der Konstellation an das sich
verändernde Gefälle im Fließgleichgewicht. Ohne diesen Prozess kann die
Konstellation sich nicht selbst erhalten. Indem wir die Funktion der
erforderlichen Komponente „Steuerung“ genannt haben, fordert das darin
ausgedrückte Erklärungsprinzip nun, dass sie eine Reihe von Elementen
aufweist, ohne die wir den Prozess der Steuerung nicht denken können.
Welche das sind, können wir in jedem Lehrbuch oder beispielsweise bei
Wikipedia ()
nachlesen.
*
Reparatur und Steuerung können Konstellationen mit
einem Fließgleichgewicht mit konstanter Fließgeschwindigkeit
gewährleisten. Reparatur stellt den ursprünglichen Zustand wieder
her, Steuerung verändert das aktuelle Design.
Die Reparaturkomponente ist die primäre reflexive Aktion. Sie stellt auch
die Energie zum Betrieb der Steuerkomponente bereit und erzeugt zugleich
die Information, mit der die Fließgeschwindigkeit gesteuert wird.
Aber auch in dieser Ausstattung ist die Existenzzeit konstellationsbedingt
begrenzt. Eine wirklich dauerhafte Existenz ist in dieser Ausstattung noch
nicht möglich. Dazu sind weitere funktionelle Komponenten erforderlich.
Konstellationen mit der
hier konstruierten funktionellen Ausstattung sind als hydrodynamische
Systeme physisch offensichtlich realisierbar. Als chemische Systeme sind
sie in Übereinstimmung mit den bekannten Gesetze der Chemie denkbar ().
Als natürliche Konstellationen, als Subjekte, sind sie als rezente Formen
nicht erhalten. Die einfachsten bekannten zellulären Lebensformen sind
weitaus komplexer, aber alle verfügen auch über die hier theoretisch
konstruierten funktionellen Komponenten als essentielle Elemente. ()