Nichts ist in unseren
Sinnen, was nicht zuvor in unserem Verstand war.
Zeichen und Merkmale
Der Terminus „Zeichen“ ist ein grundlegender Begriff
der Erkenntnistheorie. Dort bezeichnet er ein Glied der Erkenntnisrelation
Objekt, Abbild, Zeichen. (>> R(O,A,Z) Darüber hinaus wird dieser Terminus
aber auch zur Bezeichnung von Sachverhalten und Eigenschaften benutzt, die
keine oder eine nur oberflächliche Bezeichnung zum Erkenntnisbegriff
aufweisen. Zu deren Bezeichnung werden neben dem Terminus „Zeichen“ noch
viele andere Worte benutzt, wie „Signal“, „Kennzeichen“, „Anzeichen“,
„Merkmal“, „Symptom“, „Vorzeichen“, „Omen“, „Insignium“ oder „Wort“. Diese
Termini werden gewöhnlich als besondere Arten von Zeichen definiert,
manche enthalten dazu noch das Morphem „-zeichen-“.
Dieser Umstand verschleiert, dass nicht alle diese Termini auch Zeichen im
Sinne der Erkenntnistheorie bezeichnen. Manche dieser Termini bezeichnen
Eigenschaften von Objekten, also deren Merkmale. Andere
bezeichnen eigenständige, Gegenstände, die zum Zwecke des Bezeichnens
geschaffen wurden, z.B. Insignien oder die
sprachlichen Zeichen. Da diese Worte nun keineswegs einheitlich
verwendet werden, muss ich festlegen, in welchem Sinne ich diese hier
verwenden werde.
Das Wort „Eigenschaften“ bezeichnet Entitäten der objektiven Realität,
Eigenschaften kommen Objekten der Realität zu. Eine Eigenschaft wird erst
durch ein Subjekt zum Merkmal oder Anzeichen usw. Termini dieser Art
bezeichnen eine Beziehung des Subjekts zu dieser Eigenschaft, sie sind
also Glieder einer zweistelligen Relation. Die Beziehung
wird durch das Subjekt durch Zuweisung hergestellt. Das
Subjekt weist einer Eigenschaft des Objekts zu, in welcher Beziehung sie
zu seinen Bedürfnissen steht. Die Beziehung der Eigenschaft zu den
Bedürfnissen des Subjekts ist deren Bedeutung. Die Zuweisung
ist eine autonome Aktion des Subjekts. Durch die Zuweisung wird die
Eigenschaft zum „Merk-Mal“ des Objekts oder zu einem Signal für eine
Aktion des Subjekts.
Die Kategorie der Zuweisung setzt ein bestimmtes Verständnis
des Psychischen voraus: Das Psychische muss als autonomes
Konstrukt des Subjekts verstanden werden, das als hypothetisches Bild
Realität der Steuerung der Tätigkeit dient. Dadurch wird das Bild einem
Bereich der Realität – dem Gegenstand der Tätigkeit – als dessen Bild
(„Abbild“) zugewiesen. Die psychische Entität soll
das Bild des Gegenstandes sein, es wird als solches benutzt. Der Erfolg
der Tätigkeit – die Selbsterhaltung des Subjekts – bestätigt die
Adäquatheit („Wahrheit“) des subjektiven Bildes. ()
Der Gegenstand ist also nicht nur „Träger“ seiner
Eigenschaften, sondern wird auch zum „Träger“ der psychischen Abbilder der
tätigen Subjekte gemacht. Die erste Trägerbeziehung ist eine Beziehung der
objektiven Realität, die zweite eine Beziehung der „subjektiven Realität“.
Die psychischen Konstrukte werden den Gegenständen im Prozess der
Steuerung zugewiesen. Um der Steuerung dienen zu können, müssen sie zu den
Gegenständen der zu steuernden Tätigkeit in Beziehung gesetzt werden. Die
psychischen Entitäten werden zu Bildern, indem sie gewissermaßen auf die
Gegenstände projiziert werden, etwa so, wie der Bildwerfer das Bild
auf die Leinwand projiziert. Hier muss das Bild nicht auf den Gegenstand
passen, die Leinwand ist die „Wirklichkeit“ des Bildes. Bei der Tätigkeit
dagegen muss das Bild auf den Gegenstand passen, sonst kann die Tätigkeit
nicht erfolgreich gesteuert werden, - bei Strafe des Untergangs des
Subjekts.
Die materiellen Träger von psychischen Bildern müssen nicht die
Gegenstände selbst sein. Auch andere Objekte können zu Trägern dieser
Abbilder gemacht werden, die so zu Zeichen der
Gegenstände werden. Als Zeichen erhalten Objekte also eine mediale
Funktion. Das psychische Bild eines Gegenstandes wird so einem
anderen Objekt als seinem Medium zugewiesen. Das psychische
Bild des Zeichens ist also etwas anderes als das Bild des Bezeichneten.
Zeichen sind also Glieder der dreistelligen Beziehung zwischen Objekten,
deren psychischen Bildern und den materiellen Zeichen. Zeichen sind also
in doppelter Hinsicht Träger von psychischen Bildern. Sie sind Träger der
Eigenschaften der Objekte, die Zeichen sind, deren Farbe Gestalt usw.
Zugleich sind sie medialer Träger der Abbilder anderer Objekte, nämlich
der Objekte, deren Zeichen sie sind. Die vom Zeichen dargestellten
Eigenschaften von Objekten sind keine Eigenschaften (Merkmale) dieser
Objekte. Das Zeichen sieht so aus wie das Zeichen, nicht aber wie das
Bezeichnete.
Eigenschaften von Gegenständen
·
Eigenschaften kommen den Dingen auch ohne
Beziehungen zu Subjekten zu, beispielsweise ihre Farbe, ihre Gestalt oder
Geräusche, die sie verursachen.
·
Anzeichen werden Eigenschaften
von Objekten, denen Subjekte die Fähigkeit der Wiedererkennung des
Objekts zuweisen.
·
Vorzeichen sind Anzeichen bevorstehender
Veränderungen der Eigenschaften eines Gegenstandes.
·
Kennzeichen sind Eigenschaften, die Gegenständen
durch Aktionen von Subjekten
zugefügt werden. Sie dienen meist dem Zweck der Wiedererkennung oder der
Übermittlung von Nachrichten, z.B. Kerben oder die Reviermarkierung durch
Harn oder andere Duftstoffe. KFZ – „Kennzeichen“ sind
dagegen Zeichen in erkenntnistheoretischen Sinn.
·
Signale sind Eigenschaften der Gegenstände,
mit denen das Subjekt bestimmte Aktionen verbindet und die so der
Steuerung dieser Aktionen dienen. Die Verbindungen können angeboren oder
erlernt sein. Signale können auch von Subjekten erzeugt werden. Dann
dienen sie der
Pseudokommunikation.
Von Menschen erzeugte
Signale, die der Kommunikation dienen, sind Zeichen
im erkenntnistheoretischen Sinn.
Zeichen im erkenntnistheoretischen Sinn
·
Insignien sind von Subjekten erzeugte
Gegenstände, welche die Rolle eines Mitglieds einer Gruppe in der Gruppe
kennzeichnen. Insignien erfüllen ihre Funktion auch eigenständig, d.h.
ohne Anwesenheit ihres Schöpfers oder Besitzers.
·
Vorsprachliche Zeichen können aus Insignien
hervorgehen, indem sie sich von ihrem Erzeuger und Besitzer (Autor) lösen
und eigenständige Träger der sozialen Rolle des (ehemaligen) Trägers
werden. (Mehr)
·
Sprachliche Zeichen können Lautzeichen
oder Schriftzeichen sein. (Mehr)