Subjekte

Menschen können nur als Menschen sein, indem sie einander Subjekte sind.

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Autostart und Autodesign

Eine naturwissenschaftliche Erklärung der Entstehung lebender Systeme muss zeigen, wie diese unter den natürlichen Bedingungen unserer Erde spontan  entstehen können. Nur ein Autostarts erklärt die Biogenese ohne die Annahme außernatürlicher Ursachen. Diese natürlichen Bedingungen der ursprünglichen Hydrosphäre der Erde. des Urozeans, unter denen das Leben auf der Erde entstanden sein muss, sind in den vier Hauptsätzen der Thermodynamik und den daraus abgeleiteten Gesetzen der chemischen Kinetik erfasst.
Unter diesen Bedingungen können zwar Eiweißmoleküle einer gewissen begrenzten Größe abiogen entstehen, sie sind aber infolge der Hydrolyse labil.
Die Reaktionskinetik beschreibt die abiogene Eiweißsynthese als Polymerisation, d.h. als einen Prozess, der gemäß dem Massenwirkungsgesetz zu einem chemischen Gleichgewicht führt. Die Größe der entstehenden Eiweißmoleküle hängt von den Reaktionsbedingungen (Temperatur, Konzentration, Druck usw.) im Reaktionsraum ab.
Das chemische Gleichgewicht ist der Normzustand von Stoff-systemen, der ohne äußere Einwirkung nicht verlassen wird. Führt eine äußere Einwirkung zu einem Ungleichgewicht, dann führt der Ablauf des Prozesses zu Wiederherstellung des Gleichgewichts (Prinzip von Le Chatelier). Nach dem Erreichen des Gleichgewichts kommt die Reaktion makroskopisch scheinbar zur Ruhe, weil die Reaktionsge-schwindigkeit der Gesamtreaktion den Wert 0 erreicht (Abbildung 1). Abbildung 2  zeigt jedoch, dass die Reaktion auch im Zustand des Gleichgewichts weiter abläuft, das chemische Gleichgewicht ist dynamisch. Chemische Prozesse verlaufen folglich ständig auch dann, wenn sich das chemische Gleichgewicht ereicht ist.
Die Geschwindigkeit, mit der sich das chemische Gleichgewicht einstellt und seine Lage. d.h. die Größe der sich bildenden Eiweißmoleküle hängen von den jeweils gegebenen Reaktionsbedingungen ab. Um so höher die Konzentration ist, um so größer werden die Eiweißmoleküle, die beim Erreichen des Gleichgewichts entstanden sind. Die Bedingungen des Reaktionsraums limitieren folglich die maximale Größe (Länge) der entstehenden Eiweiße. Größere Eiweißmoleküle können im Urozean dauerhaft also nur bei erhöhter Konzentration entstehen. Solche Bedingungen sind z.B. in Koazervaten gegeben.
Bei der Bildung von Koazervaten oder ähnlichen Strukturen - den "Bläschen" - entmischt sich der Urozean auf einem abgegrenzten Raum. Unter der für den Urozean anzunehmenden Bedingungen ist die Koazervatierung ein endergoner Prozess. Die Bildung von konzentrierten Bläschen erfolgt durch partielle, räumlich begrenzte Entmischung des Urozeans. Die Anzahl der möglichen Verteilungen der Teile des Bläschens, seine Entropie, ist also geringer als die des Urozeans. Die Koazervatierung kann also nicht spontan, "freiwillig" stattfinden, sondern muss durch äußere Ursachen ausgelöst werden. Das Bläschen muss "gestartet" werden. Dafür ist die Zufuhr von Energie notwendig. Unterseeische Vulkanereignisse oder atmosphärische Prozesse (Gewitter) kommen dafür als natürliche Ereignisse in Frage. Koazervate, Mikrosphären und andere konzentrierte Bläschen können im Urozean folglich auf natürlichem Wege, durch "Autostart" entstehen.
In solchen abgegrenzten höher konzentrierten Reaktionsraum bilden sich im chemischen Gleichgewicht auch größere Eiweißmoleküle als im freien Urozean. Da das chemische Gleichgewicht dynamisch ist, findet in diesem Zustand ein ständiger Austausch der das Eiweiß bildenden Aminosäuren statt, ohne dass sich die Größe der entstandenen Eiweißmoleküle oder deren Anzahl ändern. Änderungen dieser Art ändern aber die Konformation der Eiweißmoleküle. Die so entstehenden Konformere bestimmen die räumliche Struktur der Eiweiße, ihr Design und damit ihre Funktionalität. Im Zustand des chemischen Gleichgewichts können sich also Eiweiße unterschiedlicher Konformation bilden.
Die in einem (stabilen, dauerhaft existierenden) Bläschen gegebenen Reaktions-bedingungen sind zugleich limitierte Ressourcen für die Zustände, die das chemische Gleichgewicht einnehmen kann. Sie limitieren auch die Zeit, in der alle möglichen Konformationen der Eiweißmoleküle gebildet werden. Nach einer durch die Ressourcen bestimmten, aber endlichen Zeit sind alle möglichen Zustände durchlaufen und alle in dieser Konstellation möglichen Konformationen der Eiweiße gebildet worden.
Es ist also nur eine Frage der Zeit, wann ein gegebenes Eiweißmolekül eine Konformation erreicht, durch die es zur Ausführung einer enzymatischen oder anderen biotischen Funktion geeignet wird. Die Entstehung biotisch wirksamer Proteine (beispielsweise Enzyme) ist so kein zufälliges Ereignis, sondern ein bei bekannten Reaktionsbedingungen voraussehbarer Zustand. Unter den Bedingungen der Bläschen kommt es also auf der Grundlage der Gesetze der Thermodynamik zum Autodesign der Eiweißmoleküle.
Gegenwärtig wird in verschiedenen Forschungsprogrammen daran gearbeitet, die Konformation von Eiweißmolekülen aus der Reihenfolge der sie bildenden Eiweiße, ihrer Primärstruktur, rechnerisch vorherzusagen. Manche Programme arbeiten auch nach der Methode des verteilten Rechnens. Aller zwei Jahre veranstaltet die University of California, Davis das CASP. (Critical Assessment of Techniques for Protein Structure Prediction; dt.: kritische Überprüfung von Techniken zur Vorhersage von Proteinstrukturen). Das Projekt bietet Forschergruppen die Möglichkeit, die Qualität ihrer Methoden zur Vorhersage von Proteinstrukturen ausgehend von der Primärstruktur zu testen und sich einen Überblick über den aktuellen Stand auf diesem Forschungsgebiet zu verschaffen. 
 

 

 


Abbildung 1: Am Punkt P wird das Gleichgewicht ereicht. Die Kurve beschreibt die Abhängigkeit der makroskopischen Reaktions-geschwindigkeit V von der Zeit t.


Abbildung 1: Am Punkt P wird das Gleichgewicht ereicht (blau V-Hin, grün V-Rück)

Angemerkt: Enthalpie:
Äußere Einwirkungen können Änderungen von Temperatur, Druck oder Konzentration der beteiligten Stoffe bewirken. Die dabei erreichten Bedingungen bestimmen die Parameter der Reaktion wie Enthalpie oder freie Enthalpie.
Freie Enthalpie (G) ist der Energiegehalt eines Systems, der  nach außen abgegeben werden kann. Nur wenn ΔG<0 ist, ist die Reaktion exergon und verläuft spontan (Abbildung 3). Endergone Reaktionen (ΔG>0) leisten keine Arbeit und verlaufen daher nicht freiwillig. Sie sind nur möglich, wenn dem System von außen Energie zugeführt wird.

Abbildung 3:Reaktionsverläufe (von der Aktivierungsenergie wurde abstrahiert, mit Mouseover: anschauliches Bild)

Weiterführende Links:
 Grundbegriffe der Thermodynamik, Verteiltes Rechnen, Rosetta ist ein Programm zur Teilnahme an der Berechnung der Proteinstrukturen

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© Dr. G. Litsche 2006
Letzte Bearbeitung: 08.03.2011